„Die These dieses wichtigen Buches
ist, dass zwei Arten der Existenz um die Seele der Menschen streiten:
Der Modus des Habens, der sich auf materiellen Besitz konzentriert,
auf Gewinnsucht, Macht, Aggression und der Gier, Neid und Gewalt
verursacht; und der Modus des Seins, der sich auf die Liebe gründet,
auf die Lust zu teilen und sich in wesentlicher, nicht
verschwenderischer, sondern schöpferischer Tätigkeit ausdrückt.“
– Klapptext des Buches
Unzufriedenheit oder die Frage nach dem
kann das alles sein stellen sich immer mehr Menschen. Klimawandel,
Corona, Wirtschaftswachstum um jeden Preis. Konsumgesellschaft,
Leistungsgesellschaft. Diese Themen sind mehr oder weniger schon in
dem Buch Haben oder Sein von Erich Fromm im Jahre 1976 gestellt
worden.
Es bietet eine sehr genaue Analyse der
Gesellschaft aber auch des Menschen, da Fromm als Psychoanalytiker
hier beides in Verbindung bringt. Was nämlich die Gesellschaft mit
uns macht und wie wir als einzelne und dann auch an die
„Spielregeln“ der Gesellschaft anpassen, diese an unsere Kinder
weiter geben, damit aus diesen mal „was wird“. Leider ist das
ganze heutzutage mit immer mehr Sinnsuche, Burn Out, Stressbelastung
und ähnlichem verbunden. In den 40 Jahren seit dem erscheinen des
Buches hat sich hier wenig geändert. Fromm sieht hier die Ursachen
nicht im Einzelnen, da dieser sich im Regelfall nicht komplett aus
der Gesellschaft herausnehmen kann, gleichzeitig aber die Macht des
Einzelnen beschränkt ist um wirklich eine Veränderung im großen
Ganzen zu verursachen.
Die Ausrichtung des auf mehr Wachstum
und Konsum definierten Systems bring langfristig für die Umwelt, die
Gesellschaft, den Einzelnen und alle Menschen schaden. Die Definition
über das Haben, welche auf Gier und Egoismus beruht, als eine
Grundfeder des Wirtschaftssystems sorgt langfristig für kein wohl
empfinden bei den Menschen, wie auch, wenn das ganze System schon
diese negativen Eigenschaften in uns fördern muss um zu existieren.
Privatbesitz, Leistung, Entwicklung,
das sind natürliche menschliche Eigenschaften bzw. notwendige Dinge
zum überleben im positiven Sinne. Weder komplette Verstaatlichung
noch Gleichmacherei, sondern eher das Bekämpfen der Extreme in Luxus
und Armut sollten unsere Aufgabe sein. Mit genug Freiheit des
Einzelnen zu einer Sinn bedachten Entfaltung. Wie der Einzelne mit
sich selbst, seinem Wert umgeht, welcher auf einem Sinn bassierten
System beruht liegt größtenteils im Verborgenen, da diese andere
Seelenstruktur des Menschen vom System systematisch unterdrückt bzw.
abtrainiert wird. Dadurch sind wir in einem Kreislauf des Stress
welcher uns seelisch Schadet.
Leider bietet das Buch keine tieferen
Hilfsmittel wie sich der Einzelne von einer Haben orientierten
Existenz zu einer Sein Existenz wandeln kann. Es wirft neben der
sehr guten Analysen aber viele Fragen auf, welcher jeder für sich
beantworten muss. Woher zieht der Einzelne sein Selbstwert? Das
Gefühl für sich? Die Aufgabe und den Sinn im Leben? Wie stehe ich
zu den Dinge welche ich tue und besitze? Warum möchte ich bestimmte
Dinge besitzen? Was ist der Antrieb dahinter? Die Kompensation für
seelisch verkrüppelte Bedürfnisse?
„Mit Sein meine ich eine
Existenzweise, in der man nichts hat und nichts zu haben begehrt,
sondern voller Freude ist, seine Fähigkeiten produktiv nutzt und
eins mit der Welt ist
Der Unterschied zwischen Sein und
Haben: Er entspricht vielmehr dem Unterschied zwischen dem Geist
einer Gesellschaft, die den Menschen zum Mittelpunkt hat und dem
Geist einer Gesellschaft, die sich um Dinge dreht. Die Haben
Orientierung ist charakteristisch für den Menschen der westlichen
Industriegesellschaft, in welcher die Gier nach Geld, Ruhm und Macht
zum beherrschenden Thema des Lebens wurde. „ S. 29
„Konsumieren ist eine Form des
Habens, vielleicht die wichtigste in den heutigen
Überflussgesellschaften. Konsumieren ist etwas Zweideutiges, Es
vermindert die Angst, weil mir das Konsumierte nicht weggenommen
werden kann, aber es zwingt mich auch, immer mehr zu konsumieren,
denn das einmal Konsumierte hört bald auf, mich zu befriedigen. Der
moderne Konsument könnte sich mit der Formel identifizieren: Ich
bin, was ich habe und was ich konsumiere. „ S. 36